Um das Engagement des Emirats Qatar in der Deutschen Bank ranken sich einige Unsicherheiten und Mutmaßungen. Klar ist nur eine Bandbreite: Seit August 2015 hält Qatar über zwei Investment-Vehikel mindestens 6,1, aber weniger als 10 Prozent an der Deutschen Bank. In diesen vier Jahren hat die Aktie der Deutschen Bank mehr als 70 Prozent verloren. Entsprechend haben auch die Qataris viel Geld verloren: 6,1 Prozent an der Deutschen Bank sind nicht mehr 2,8 Milliarden Euro, sondern heute nur noch 0,8 Milliarden Euro wert.
Der Verlust von mindestens 2 Milliarden Euro hat die qatarische Herrscherfamilie aber nicht abgeschreckt. Immer wieder gab es in der Vergangenheit Gerüchte, ein drittes Investmentvehikel aus dem Emirat könnte zusätzlich in den Aktionärskreis der Deutschen Bank einsteigen. Dazu ist es bisher nicht gekommen. Aber Qatar weitet mit personellen Verflechtungen seinen Einfluss auf das größte deutsche Geldhaus aus. Wie am Montag von mehreren Beteiligten hinter vorgehaltener Hand bestätigt wurde, wird ein Gefolgsmann Qatars neu in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank einziehen.
Welches Interesse hat Qatar?
Es handelt sich um Jürg Zeltner, der am Finanzplatz Frankfurt kein Unbekannter ist. Schließlich war der inzwischen 52 Jahre alte Schweizer von 2005 bis 2008 Deutschland-Chef der UBS und machte anschließend in dieser Schweizer Großbank weiter Karriere. Zuletzt war Zeltner dort für die wichtigste Sparte „Vermögensverwaltung“ verantwortlich, schied aber Ende 2017 in Zürich im Streit.
Im Mai 2019 dann wurde Zeltner Konzernvorstandsvorsitzender der KBL, einer auf Vermögensverwaltung spezialisierten europäischen Bankengruppe aus Luxemburg, zu der unter anderem die Münchener Privatbank Merck Finck gehört und die – und hier schließt sich der Kreis – im Besitz der qatarischen Herrscherfamilie ist. Man kennt sich also.
Im Aufsichtsrat der Deutschen Bank soll Zeltner den Briten Richard Meddings ersetzen. Damit behalten die Qataris einen Vertreter im Aufsichtsrat, obwohl Stefan Simon in den Vorstand aufrückt. Der Rechtsanwalt saß bisher auf Wunsch der Qataris im Aufsichtsrat der Deutschen Bank, wechselt aber von September an in einem ungewöhnlichen Revirement in den Vorstand und wird dort zuständig für Rechtsthemen und die Beziehungen zu Aufsichtsbehörden. Simons Posten im Aufsichtsrat hat Dagmar Valcárcel übernommen, die nichts mit Qatar zu tun hat. Durch Meddings absehbares Ausscheiden – der frühere Chef der britischen Bank TSB hat bereits den Vorsitz im Prüfungsausschuss niedergelegt – wird aber ein neuer Platz für einen Vertreter Qatars im Aufsichtsrat frei.
Über die Gründe für das Interesse Qatars an der Deutschen Bank wird viel spekuliert. Manche Beobachter meinen, es gehe dem Emirat vor allem darum, im Fall des Erwerbs von Unternehmensbeteiligungen durch seinen 300 Milliarden Dollar großen Staatsfonds Qatar Investment Authority leicht auf die Investmentbank-Expertise der Deutschen Bank zugreifen zu können. Andere meinen, es gehe den Qataris schlicht darum, eine nicht-amerikanische Investmentbank am Leben zu erhalten. Ob sie den Aufsichtsratsvorsitzenden Paul Achleitner weiter stützen werden, scheint offener denn je.
Author: Christopher Johnson
Last Updated: 1704023403
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